Ein Mediaplayer, der uns alle traumatisiert hat – und trotzdem Kult ist
Damals: Streaming mit Buffer-Schmerz
In den späten 90ern war das Internet langsam, aber voller Hoffnung. Musik und Videos? Damals eher ein Abenteuer als ein Feature. Und mittendrin: RealPlayer – ein Pionier des Streamings.
Der Player wurde 1995 von RealNetworks (damals noch Progressive Networks) veröffentlicht und war der erste weitverbreitete Streaming-Client für Audio und später auch Video. Statt eine Datei komplett herunterzuladen, konnte man nun Inhalte „live“ übertragen.
Das klang futuristisch, hatte aber seinen Preis: geringe Bitraten, miese Qualität, lange Pufferzeiten und ein proprietäres Format namens .rm (RealMedia) bzw. .ra (RealAudio).
Die Technik dahinter
- Streaming-Protokoll: RealPlayer nutzte das hauseigene Real Time Streaming Protocol (RTSP).
- Formate: .rm, .ra, später .rv (RealVideo), teils mit DRM-Schutz.
- Encoder: Nur mit spezieller Software von RealNetworks nutzbar, was Open-Source-Player ausschloss.
- Bitrate: Oft unter 64 kbit/s Audio, 240p Video war normal.
- Codec: Anfangs RealAudio G2, später Helix.
Trotzdem war das revolutionär: Nachrichten, Konzerte oder Radio über Web war auf einmal möglich.
Warum alle RealPlayer gehasst haben
- 🐌 Performance-Killer: Der Player beanspruchte CPU und RAM wie ein ganzer Browser heute.
- 🧲 Zwangsinstallation: Wurde gerne mal mit anderer Software gebündelt.
- 🔊 Autoplay und Autoupdate: Nicht abschaltbar, oft mit Werbung.
- 🔐 DRM und Formatzwang: Inhalte konnten nur im RealPlayer abgespielt werden.
- 💸 RealPlayer Plus: Viele Standardfunktionen (z. B. Equalizer, CD-Ripping) waren nur kostenpflichtig verfügbar.

Heute: RealPlayer lebt – irgendwie
Die Firma RealNetworks existiert immer noch. Der RealPlayer 24 wird aktiv weiterentwickelt:
Tatsächlich zielt RealPlayer heute mehr auf Medienmanagement und YouTube-Downloads als auf Streaming. Die DRM-Vergangenheit wurde still beerdigt.
RealPlayer vs. Moderne Medienplayer
Feature | RealPlayer (damals) | VLC (heute) | Plex (heute) |
---|---|---|---|
Codec-Support | Selektiv + DRM | Fast alles | Alles + Streaming |
Werbung | Ja (viel) | Nein | Optional |
Systemfreundlichkeit | Niedrig | Hoch | Hoch |
UI | Laut, blinkend | Minimalistisch | Modern |
Preis | Shareware-Modell | Kostenlos | Freemium |
Nerd-Fazit
RealPlayer war seiner Zeit voraus, aber hat sich selbst überlebt. Er war der erste Schritt in Richtung Streaming-Zukunft, aber mit den falschen Entscheidungen zur falschen Zeit.
Er steht exemplarisch für Tech-Unternehmen, die lieber Kontrolle statt Kompatibilität wollten. VLC und Co. haben ihn letztlich durch Offenheit überflügelt.
Und doch bleibt er ein Stück digitaler Nostalgie:
„Kennst du noch .rm-Dateien? Dann bist du offiziell alt genug für einen eigenen Serverraum.“